Zielgruppe Reloaded: Was der Begriff im datengetriebenen Marketing wirklich bedeutet

Was ist eine Zielgruppe: Eine Zielgruppe ist die klar definierte Menge von Menschen, die wir mit unserer Marketingbotschaft, unserem Angebot und unserer Customer Experience erreichen wollen – basierend auf messbaren Eigenschaften, Verhaltensdaten und Bedürfnissen.

Was bedeutet der Begriff: Zielgruppe im datengetriebenen Marketing

Wenn wir im datengetriebenen Marketing über Zielgruppen sprechen, meinen wir nicht mehr starre demografische Schubladen. Wir sprechen über lebendige Segmente, die sich aus echten Signalen speisen:

  • Klicks,
  • Käufe,
  • Nutzungsmuster,
  • Kontext und
  • psychografische Profile.

Wir nutzen diese Signale, um Hypothesen zu bilden, Experimente aufzusetzen und die Wirksamkeit unserer Kommunikation messbar zu steigern. Kurz: Zielgruppen sind heute dynamische, datenbasierte Hypothesenräume – und keine Vermutungen aus dem Bauch.

Warum ist das wichtig?

Weil Aufmerksamkeit teuer ist und Relevanz nur entsteht, wenn Botschaft, Timing, Kanal und Angebot zusammenpassen. Eine präzise definierte Zielgruppe hilft uns, genau diese Passung herzustellen und Streuverluste radikal zu senken. Wir richten uns nicht an „alle 25–45-Jährigen“, sondern an „Wiederkäufer mit hoher Produktkategorie-Affinität, die innerhalb der letzten 14 Tage Preisalarme gesetzt haben und auf Social Video ansprechen“ – und wir können das belegen.

Datengetriebenen Marketing beginnt mit Datenqualität

First-Party-Daten aus CRM, Web- und App-Analytics, Support-Tickets, E-Mail-Interaktionen und Transaktionen sind unsere Goldmine. Zero-Party-Daten – also Informationen, die Nutzer aktiv teilen, z. B. Präferenzen und Stile – geben uns zusätzlich Tiefe. Mit Consent-Management und Privacy-by-Design verankern wir Vertrauen: Nur saubere, rechtmäßig erhobene Daten führen uns zu robusten Zielgruppen.

Darüber hinaus denken wir Zielgruppen ganzheitlich:

  • demografisch (Alter, Region),
  • verhaltensbasiert (RFM: Recency, Frequency, Monetary),
  • kontextuell (Gerät, Kanal, Tageszeit) und
  • psychografisch.

Das OCEAN-Modell

Genau hier hilft uns das OCEAN-Modell: Offenheit, Gewissenhaftigkeit, Extraversion, Verträglichkeit, Neurotizismus. Über Sprache, Bildwelten und Angebotslogik können wir Kommunikationsvarianten entwickeln, die zu den dominanten Persönlichkeitsmerkmalen einer Zielgruppe passen – ohne zu schubladisieren, sondern datenfundiert zu personalisieren.

Blick ins Buch! Hier findest du weitere Informationen zum Thema:

Kapitel 2.12.1 „Definition von Zielgruppen“

Seite 101

Wie definieren wir eine Zielgruppe operativ?

Wir starten mit einem Geschäfts- oder Kampagnenziel:

  • Conversion,
  • Up-Sell,
  • Reaktivierung,
  • Abo-Verlängerung,
  • App-Nutzung.

Daraus leiten wir messbare Zielgruppenkriterien ab. Beispiel Reaktivierung: „Kundschaft mit letzter Transaktion vor 90–180 Tagen, hoher bisheriger Warenkorbgröße, die Produktkategorie X besucht, aber nicht gekauft haben.“ Anschließend prüfen wir die Größe, die erreichbaren Kanäle und die Datenverfügbarkeit in unseren Systemen (ERP/CRM). Dann erstellen wir Botschaftsvarianten, definieren KPIs (z. B. Conversion Rate, Inkrementallift, Customer Lifetime Value) und fahren A/B- oder Multivariantentests.

Wichtig: Zielgruppe ist kein Synonym für Persona. Personas sind verdichtete Narrative, die Empathie schaffen. Zielgruppen sind technisch-aktivierbare Segmente, die tatsächlich aussteuerbar sind. Wir nutzen Personas, um kreative Hypothesen zu formulieren – und Zielgruppen, um diese Hypothesen datenbasiert zu testen und zu skalieren.

Kontext und Moment zählen

Ein und dieselbe Person kann je nach Situation zu verschiedenen Zielgruppen gehören:

  • „Preis-sensitiv auf Mobile am Abend“,
  • „nachhaltigkeitsaffin beim Produktvergleich am Wochenende“,
  • „Schnellkäufer am Monatsanfang“.

Deshalb arbeiten wir mit Ereignissen (Events) und Fenstern (Lookback- und Lookforward-Periods), um Zielgruppen zeitlich zu präzisieren. So entsteht Relevanz durch Timing.

Maschinelles Lernen unterstützt uns bei der Zielgruppenbildung

  • Propensity-Modelle schätzen Kaufwahrscheinlichkeiten,
  • Churn-Modelle erkennen Abwanderungsrisiken,
  • LTV-Modelle priorisieren wertvolle Segmente.

Aber: Modelle sind nur so gut wie ihre Features und die kontinuierliche Validierung. Wir sollten jede algorithmische Zielgruppe mit Kontrollgruppen testen, um echten Inkrementallift zu messen – nicht nur Korrelationen.

Konkreter Umsetzungstipp

Starte mit einem 4-Wochen-Zielgruppen-Sprint.

  • Woche 1: Dateninventur und Definition eines klaren Kampagnenziels.
  • Woche 2: Segment-Design (zwei Kernsegmente + eine Kontrollgruppe).
  • Woche 4: Testausspielung und Auswertung nach definierten KPIs

Wiederhole den Zyklus und dokumentiere Lerneffekte in einem zentralen Wiki.

Ein häufiges Missverständnis: „Je spezifischer die Zielgruppe, desto besser.“ Zu klein ist ebenso problematisch wie zu groß. Wir brauchen eine Mindestgröße pro Variante, um statistische Aussagekraft zu erzielen, und eine ausreichende Reichweite im gewählten Kanal. Ebenso wichtig: Segment-Stabilität. Wenn sich Kriterien täglich ändern, können wir schlecht messen. Balance ist der Schlüssel: genug Präzision für Relevanz, genug Volumen für Signifikanz.

Datenschutz und Ethik sind nicht optional

Wir respektieren Einwilligungen, minimieren Datenverarbeitung, erklären Nutzen klar und arbeiten mit Transparenz. Psychografische Signale nutzen wir verantwortungsvoll: kein Ausnutzen von Verwundbarkeiten, keine diskriminierenden Ausschlüsse. So schaffen wir langfristige Markenresonanz und Vertrauen – die wahren Hebel für profitables Wachstum.

Wie sieht der Zielgruppen-Lebenszyklus aus?

  • Definieren,
  • Aktivieren,
  • Messen,
  • Lernen,
  • Iterieren.

In jeder Runde prüfen wir:

  • Hat sich die Zielgruppe verändert?
  • Müssen wir Features ergänzen?
  • Gibt es Sättigungseffekte?

Mit einer lebenden Zielgruppenbibliothek in der CDP – inklusive klarer Benamung, Kriterien, Owner, KPIs und letzten Testergebnissen – bauen wir organisationales Gedächtnis auf.

Am Ende zählt Wirkung. Eine gute Zielgruppe ist die, die nachhaltig Wert schafft: bessere Kundenerlebnisse, geringere Akquisekosten, höhere Bindung, sinnvollere Produktentscheidungen. Wir als Marketing-Team sind die Übersetzer:innen zwischen Daten, Kreativität und Geschäftslogik. Wenn wir Zielgruppen so verstehen, wird datengetriebenes Marketing von einer Buzzword-Übung zu einem Wettbewerbsvorteil, der bleibt.

Tipps und Checkliste für deine Umsetzung

Tipps

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Checkliste

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Leseempfehlung

Wenn du tiefer einsteigen willst: In meinem Buch „Datengetriebenes Marketing – Mit dem OCEAN-Modell die Big-Five-Persönlichkeitsmerkmale zielgerichtet nutzen“ zeige ich dir Schritt für Schritt, wie du von der Zielgruppen-Hypothese zur skalierbaren Personalisierung kommst.

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Zum Beitragstitel

Der Titel „Zielgruppe Reloaded“ ist eine Anspielung auf den Film „The Matrix Reloaded“. So wie die Matrix eine Realitätsschicht offenlegt, zeigt uns datengetriebenes Marketing eine tiefere, datenbasierte Sicht auf Kundengruppen. „Reloaded“ steht für das kontinuierliche Nachladen von Erkenntnissen, das Testen und Iterieren – bis unsere Zielgruppen wirklich wirksam werden.

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